Nicht nur der Beruf des Designers, sondern auch das Design als solches ist im Grunde eine amerikanische Erfindung. Es wundert daher nicht, dass der wohl bekannteste Design-Leitspruch „Form follows function“ von einem Amerikaner stammt, dem Architekten Louis Sullivan (1856-1924).
Handel, Produktion und Konsum prägen das Bild des amerikanischen Designs. Beeindruckend ist die Vielzahl der "anonymen Designprodukte", die einen Markennamen tragen, aber nicht den Namen eines berühmten Schöpfers benötigen, um als "gutes Design" zu gelten. Unternehmen wie Coca Cola, Apple, IBM, Tupperware, Black& Decker, Harley Davidson, Polaroid, Kodak, Kellog, Rollerblade, General Motors, um nur einige zu nennen sind heute weltweit bekannt und verkörpern den „American way of life“. Viele Geräte und Utensilien des täglichen Bedarfs – von der Nähmaschine und Staubsauger über Plattenspieler und Walkman bis hin zum Laptop - haben einen transatlantischen Ursprung. Persönlichkeiten wie Thomas Edison oder Henry Ford stehen für Erfindungsreichtum und Innovationskraft.
Waren die Vereinigten Staaten bis in die 1920er Jahre in Sachen Produktgestaltung noch ein Entwicklungsland stiegen sie binnen kürzester Zeit zur Führungsmacht der Moderne auf.
In New York eröffneten Ende der 20er Jahre die ersten Büros, die sich die Bezeichnung Industrial Design auf ihr Firmenschild gravieren liessen, eine Wortschöpfung, die Programm war. In Amerika, wo nicht nur die Massenproduktion, sondern auch Werbung und Marketing zuerst wissenschaftlich entwickelt wurden, war auch Design vor allem eine Frage des Verkaufens.
Als einer der massgeblichsten Vertreter des amerikanischen Designs gilt Raymond Loewy (1893-1986), der neben erfolgreichen Corporate Designs (u.a. die Logos für Shell, Spar und Lucky Strike) auch aufgrund des Entwurfs zur stromlinienverkleideten S1-Dampflokomotive als Erfinder des Streamlines (Stromliniendesigns) gilt.
Weitere wichtige Beiträge zur Entstehung der Designkultur in den USA leisteten Ende der 1930er Jahre neben den ehemaligen Bauhaus-Dozenten und Immigranten Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe, Josef Albers oder Marcel Breuer auch die 1939 gegründete Cranbook Academy, an der Architekten und Designer wie Eero Saarinen, Forence Knoll oder Charles Eames ausgebildet wurden.
Auch das 1929 gegründete Museum of Modern Art (MoMA) trug durch richtungsweisende Ausstellungen seinen Anteil zum amerikanischen Designverständnis bei und setzte neue Akzente. Ob 1932 mit der Ausstellung „Modern Architecture. International Exhibition.“ durch die der Begriff „International Style“ definiert wurde; den in den 1940er Jahren veranstalteten Wettbewerben „Organic Design in Home Furnishings“ und „Low Cost Furniture Design“ aus denen Produkte wie La Chaise, die Plastic Chairs oder die Plywood-Serie von Ray & Charles Eames entstanden oder der epochalen Ausstellung „Italy: The New Domestic Landscape“, die den Siegeszug des Italienischen Designs präsentierte – auch heute noch ist es eine grosse Ehre für Designer, mit einem Entwurf in die ständige Sammlung des MoMA aufgenommen zu werden.
Neben „Knoll International“ (gegr. 1938) war es vor allem das Unternehmen Herman Miller (gegr. 1923), das mit Entwürfen des Designdirektor George Nelson und den Co-Designern Charles Eames, Isamu Noguchi und Paul Laszlo richtungsweisende Möbel produzierte, die in Europa und dem Mittleren Osten heute von Vitra produziert und vertrieben werden. Zu den bekanntesten Produkten von Hermann Miller zählen das Marshmallow Sofa (1956), der Coconut Chair (1956), die Atomic Clock (1949, heute: Ball Clock), die alle von George Nelson entworfen wurden, die Plastic Chairs von Charles & Ray Eames (1948) oder der Coffee Table (1944) von Isamu Noguchi, der vor allem mit der Akari Leuchtenserie in den 1950er Jahren grosse Bekanntheit erlangte.
In den 1960er Jahren erlebte vor allem die amerikanische Automobilindustrie ein enormes Wachstum, aber auch der Büromaschinenhersteller IBM konnte sich zu dieser Zeit als weltgrösster Produzent von Grossrechnern behaupten. Während sich in der geschmacksbeherrschenden Klasse ein sachlicher Designstil durchsetzte, galt dieser den aufkommenden Rebellen der 60er Jahre als Zielscheibe, woraus das Flower-Power und Pop-Design der Woodstock-Generation resultierte.
Die 1970er Jahre waren in den USA geprägt vom Vietnam-Krieg, der Watergate-Affäre und der Ölkrise, weshalb sie zu Irritation aber auch Neuorientierung führten und in den 80er Jahren einen regelrechten Designboom entstehen liessen. Produkte im postmodernem Design entstanden, wie der Wasserkessel „Bird“ vom amerikanischen Architekten Michael Graves, der zusammen mit Richard Meier für das Alessi-Projekt „Tea & Coffee Piazza“ arbeitete. Mit seinen Möbelserien Easy Edges (1972), Rough Edges (1982), dem Pappsessel „Little Beaver“ (1987) und dem Wasserkessel „Pito“ (1992) machte der amerikanische Architekt Frank O. Gehry auf sich aufmerksam, der sich später vor allem durch seinen amorphen, dekonstruktivistischen Baustil als internationaler Architekt etablierte.
Ähnlich wie Henry Ford durch das Fliessband eine Art zweite industrielle Revolution einleitete, begann auch die elektronische Umwälzung aller Verhältnisse in Amerika. PC, Laptop und Handy haben die Arbeitswelt und den Alltag verändert. Neben den Designteams und Designabteilungen amerikanischer Unternehmen wie bspw. von Apple, Bose oder Tupperware, gibt es in Amerika heute nur wenige international bekannte Möbeldesigner. Die bekanntesten Vertreter der jüngsten Designer-Generation sind Jeffrey Bernett, Richard Shemtov, Nick Dine und Karim Rashid.